Manchmal bin ich selbst als grüner Stadtrat in Scheßlitz, der durchaus Kummer gewöhnt ist, nur noch sprachlos.
Im Dezember 2017 wurde ohne Vorankündigung eine Gruppe von alten Bäumen, Sträuchern und Hecken am Ortsausgang von Burgellern Richtung Scheßlitz ohne Sinn und Verstand vollständig abgeholzt und zerstört.
Dabei handelte es sich obendrein um ein eingetragenes, geschütztes Biotop gemäß Biotopkartierung. Im Schatten der Bäume gab es eine feuchte Senke mit einem kleinen Tümpel, in dem unter anderem Libellen lebten. Ein kleiner Fleck wilde Natur, und das direkt vor der Haustür der vielen Spaziergänger, die hier oft entlanggehen.
Meine Anfrage an den Bürgermeister, wer für diesen Umweltfrevel verantwortlich sei, wurde vom Forstrevier wie folgt beantwortet:
„Die von Ihnen beanstandete Maßnahme erfolgte auf Wunsch der Stadt Scheßlitz aus Gründen der Verkehrssicherung.“
Die aufgeführten „Gründe“ waren der Überhang der Äste über die Straße und eine angeblich nachlassende Vitalität der Bäume, so dass das Lichtraumprofil nicht mehr gegeben gewesen sei.
Da stellt sich schon die Frage: Muss man deswegen gleich das ganze Biotop abholzen? Abgesehen davon, dass weder die Bäume im Lebendzustand noch die Baumstümpfe irgendwelche sichtbaren Zeichen nachlassender Vitalität aufwiesen. Von einer Beeinträchtigung des Lichtraumprofils war ebenfalls nichts zu bemerken: Gerade zu dieser Zeit fuhren riesige LKWs zur Großbaustelle Pausdorf ebenso häufig wie problemlos unter den Bäumen durch.
Und falls der Überhang auf die Straße und die sich daraus ergebende Verschattung noch als letztes Argument herhalten sollen, wären dann nicht in Mecklenburg-Vorpommern Hunderte Kilometer an Alleestraßen sofort abzuholzen?
Bei allem Verständnis für die Verpflichtung der Stadt zum Durchführen von Verkehrssicherungsmaßnahmen: Hier ist man eindeutig weit über das eigentliche Ziel hinausgeschossen.
Mittlerweile hat die Stadt zur Wiedergutmachung wieder einige Setzlinge anpflanzen lassen. Bis diese jedoch wieder einen ähnlichen ökologischen Wert erreichen, den das vorher vorhandene Biotop längst hatte, werden Jahrzehnte vergehen.
Ralph Behr
18.12.2017